2. Mai Manchen Leuten können ihre Häuser nicht groß genug sein; andere hingegen fliehen aus den Weiten eines überdimensionierten Domizils. Ludwig II., zum Beispiel, der royale Jünger und Mäzen Richard Wagners, ließ um seine allerhöchste Person herum kolossale Schlösser bauen, in denen er am liebsten allein blieb, nur mit sich. Dagegen schätzt Katharina Wagner zu viel Leere offensichtlich nicht: Bis vor Kurzem noch residierte sie im stolzen, streng gegen Zugang und neugierige Einsichtnahme abgeschirmten Eigenheim schräg gegenüber des von ihr geleiteten Bayreuther Festspielhauses; das Anwesen hatte ihr Vater Wolfgang in den Fünfzigerjahren erworben: 700 Quadratmeter Wohnfläche, genug für mehrere Familien, zu viel für eine Dame allein. Darum hat sies jetzt verkauft. Irgendwo zwischen König und Katharina hielt sich ihr Urgroßvater Richard Wagner selber auf: Das Wohnhaus des bekanntermaßen nicht eben bescheidenen Dichterkomponisten und Festspielgründers im Hofgarten enthält auf einer Grundfläche von knapp 360 Quadratmetern neben dem Erd- und einem Obergeschoss noch einen Keller und einen Zwischenstock. „Ich habe viele Jahre meines Lebens dem wüsten Walten des Zufalls anheimgeben müssen, nenne keinen Besitz mein und lebe wie ein Flüchtling in der Welt“, schrieb Wagner 1871 an den bayerischen Regenten. „Für den so wichtig gewordenen Rest meines Lebens muss ich dort leben, wo ich mir einen angemessenen Wirkungskreis bereitet wissen kann: Dies muss im Herzen Deutschlands sein, und glücklich bin ich, diesen jetzt auserwählten Punkt in Ihrem Königreiche inbegriffen gefunden zu haben.“ Tatsächlich finanzierte der Monarch die Baukosten der Villa maßgeblich mit, in der des Meisters „Wähnen“ 1874 endlich „Frieden fand“. Wahnfried nannte er den wuchtigen Sandsteinbau, der ihm bis in sein Todesjahr 1883 üppig Obdach bot. Hier vollendete er mit der „Götterdämmerung“ den singulären Opernzyklus des Nibelungen-„Rings“ und trieb sodann die Arbeit am letzten Werk, dem „Parsifal“, voran. Aus heutiger Sicht nicht eben ein lauschiger Unterschlupf für eine kleine Familie; seinerzeit indes war dergleichen durchaus üblich in den groß- und bildungsbürgerlichen Kreisen, denen der Kleinbürgerspross und steckbrieflich gesuchte Dresdner Revolutionär von ehedem unbedingt zugehören wollte. In den Heimstätten jener Oberschicht galt es nicht nur zu schlafen, zu essen und sich zu erholen; mit sichtbarer, womöglich einschüchternder oder gar Neid erweckender Erlesenheit herausgeputzt, dienten sie ebenso als Bühnenbild kalkulierter Selbstdarstellung, deren Staffage geltenden Maßstäben mindestens zu genügen, wenn nicht sie zu übertreffen hatte. So erhob sich in Wahnfried die Halle des Erdgeschosses über dem – mit 1,66 Metern nicht eben hünenhaft gewachsenen – Tonsetzer sechzehn Meter hoch, und den Saal mit dem bis heute original erhaltenen Steinwayflügel umringten die gediegen gefertigten 2500 Einbände seiner Bibliothek. Seit 1976 beherbergen Wahnfried und die Nebengebäude das bedeutsame Richard-Wagner-Museum. Katharina ist, wie sie mitteilte, in ein Loft mit Dachterrasse im Stadtzentrum gezogen. Der „so wichtig gewordene“ Meister fand seine letzte, längste Bleibe im Garten seiner Villa, unter einem efeuüberwucherten Hügel mit schlichter Platte, gleich beim Grab des Lieblingshundes Russ. Irgendwie unwagnersch: vergleichsweise bescheiden. ■
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Rückblick
27. April, Kino
Vor 159 Jahren endete das Gemetzel zwischen den Nord- und Südstaaten der USA - jetzt verheert neuerlich ein Civil War die USA. In der beängstigend authentischen, weil schockierend grausamen Dystopie schickt Alex Garland vier Medienleute durch eine Hölle auf Erden, in der sich erweist: Krieg, für ein Volk beinah das schlimmste Unheil, wird nur von einem noch schlimmeren getoppt - von Bürgerkrieg.
25. April, Hof, Theater, Großes Haus
Für die Armen, Waisen und Entrechteten focht Zorro vor 105 Jahren zum ersten Mal. Seither hat sich die Meinung darüber, was einen Helden zum Superhelden macht, mehrfach gewandelt. Trotzdem inszenierte Tamás Mester ein Musical über den allzu gründlich aus der Zeit gefallenen Mantel-und-Degen-Kämpen. Unbeeinflusst von unfreiwilliger Komik überzeugt zumindest die Musik der vielbeklatschten Produktion.
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Heimspiel im „Wohnzimmer“: Die „Brassmatiker“ triumphieren in Hof
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Napoleon zum 200. Todestag
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Erhältlich über den Buchhandel und online